30.11.11
First-class nach Santa Cruz

Gegen Mittag geht es zum Flughafen, wo uns eine Maschine der Aerolineas del Sur ins Tiefland nach Santa Cruz bringt. Der dortige Fluss mündet irgendwann mal in den Amazonas.

Ich leide derzeit an einem "Bolivia-Blues", weil ich nicht dorthin komme, wo ich eigentlich hin will. Das gehört aber leider bei solchen Reisezielen dazu. Der Tagesbus von Sucre nach Santa Cruz benötigt 19, der Nachtbus 17 Stunden, der Flieger ist in 30 Minuten dort. Wir fliegen First-class - ganz schöne Hektik für die Besatzung, uns in dieser kurzen Zeit ein Champagner-Frühstück zu servieren. Aber endlich mal richtig Platz in einem Flieger. Das nenne ich mal Service für 45 US-Dollar! Noch ist der Bolivia-Blues aber nicht überwunden.

Als ich aus dem Flugzeug aussteige, streckt mich die heiß-schwüle Luft fast zu Boden. Ein Blick auf die entsprechenden Instrumente bestätigt, dass wir 36 Grad haben bei 97% Luftfeuchtigkeit.

Unser Hotel ist top gelegen, aber bedauerlicherweise extrem einfach, hat kein Fenster (!), lediglich einen Ventilator (!!!). In der Sauna von Obernsees ist es angenehmer.

Santa Cruz ist inzwischen größte Stadt und Wirtschaftszentrum des Landes, wirklich viel zu sehen gibt es allerdings nicht. So fahren wir zum Zoo. Einige der Tiere sind absolut nicht artgerecht gehalten, bei anderen ist man schon einen Schritt weiter, so gibt es z.B. ein großes Areal mit rund 500 Quadratmetern, wo man als Besucher rein kann und Papageien, Flamingos und etliche andere Tiere in einer realistisch gestalteten Umgebung zu sehen bekommt.

Die Lamas, die ich hier zu sehen bekam, waren allerdings irgendwie "overdressed".

Abends essen wir in einem schönen Restaurant, wo wir eine lokale Spezialität bestellen mit vier Sorten Fleisch, verschieden zubereiteten Kartoffeln, etlichem Gemüse usw. - war echt lecker. Insgesamt stehen 14 Töpfchen um mich herum. Wer bitte soll das alles essen? Überfluss pur - und das ausgerechnet in Bolivien?!

Am Abend schlendern wir noch über den Marktplatz. Wie es sich für eine südamerikanische Stadt gehört, pulsiert hier das Leben. Hier gibt es auch etliche Eisstände. Die Preisrelationen sind allerdings etwas irritierend. So kostete das viel zu reichhaltige Abendessen 40 Bolivianos (und das war nicht gerade ein Arme-Leute-Essen), der Zoobesuch 20 Bolivianos und 2 Kugeln Eis 28 Bolivianos. Schon diese Preisrelationen machen die sozialen Unterschiede deutlich. Wie anders soll man das interpretieren, wenn man ein Essen schon ab 8 Bolivianos bekommt und ein Eis das 3- bis 4-fache kostet und die Portionen in besseren Restaurants so reichhaltig sind, dass viel zurückgegeben wird?

David, John und Lindsay ("My Name is Lindsay, I am a man and I'm collecting Stiehls") gehen noch in eine Kneipe, ich beschließe, ins Bett zu gehen, weil wir am nächsten Morgen schon wieder um 4:30 Uhr raus müssen.

Ich betrete mein Zimmer, bin aber keine 15 Sekunden später wieder draußen, weil man es dort überhaupt nicht aushält. Wie gesagt: keine Fenster, keine Klimaanlage. Dafür ein Deckenventilator, der die Luft von A nach B transportiert und wieder zurück. Ist halt nicht einfach, kurzfristig für 11 Leute eine Übernachtung zu bekommen.

Gottlob haben mir die anderen gesagt, wo sie hingehen. Es ist zwei Uhr früh, als die Kneipe schließt und wir noch versuchen, in der "Hölle von Santa Cruz" - anders kann man das Zimmer nicht beschreiben - noch etwas Schlaf zu finden.

Zuletzt aktualisiert: 06.01.2023 21:13:29


 

 

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